10. Mai
2009 Die
naturgesetzgleiche CDU-Vorherrschaft in Bad Homburg ist am Sonntag in sich
zusammengebrochen. Ausgerechnet die bürgerliche Kurstadt bekommt mit Michael
Korwisi den ersten grünen Oberbürgermeister in Hessen. Auch wenn sich dieser in
den vergangenen Wochen ausschließlich der Farbe Blau aus dem Stadtwappen
bedient hat. Dass der unabhängige Kandidat keineswegs parteilos ist und den
Grünen angehört, musste jeder wissen, der ihn gewählt hat. Doch nicht einmal
das hat die Mehrheit der Wähler abgeschreckt, die weit in das bürgerliche Lager
hineinreicht.
In den vergangenen Tagen wurde
unübersehbar, dass das Fundament wackelt, auf das sich die Union noch stets
verlassen konnte. Die Erosion setzte an mehreren Stellen ein. In den
Stadtteilen etwa, wo man den Umgang der politischen Mehrheit mit den Bürgern
zunehmend als arrogant empfand. Hinzu kamen Initiativen gegen verschiedene
Bauvorhaben, in denen sich nicht strickpullovertragende Fundamentalisten,
sondern gut situierte Hausbesitzer organisierten – eine Klientel, die sonst zum
Stammwählerpotential der CDU gehört.
Jungherr erst prinzipienfest, dann wendig
Aber hier war zu hören: Für
Jungherr stimmen wir nicht. Derlei Gruppen sind, zumal in Bad Homburg, eine
Herausforderung für jeden Oberbürgermeister. Doch Jungherr gab sich erst
prinzipienfest, um dann beim Standort für die Pestalozzischule eine Kehrtwende
zu vollziehen. Das haben ihr die einen übel- und die anderen nicht abgenommen.
Natürlich ist die Direktwahl eine
Personenwahl, und mit der kühl-distanzierten Juristin und dem jovialen
Vollblutpolitiker standen sich zwei grundverschiedene Persönlichkeiten
gegenüber. Der unerwartet deutliche Sieg Korwisis wird die CDU auch zum
Nachdenken über die Kommunalwahl bringen – trotz des großen Abstands zu den
anderen Fraktionen. Er ist ein Signal, dass sich die Union vielleicht doch
nicht alles leisten kann, weder: Intrigen noch die Demontage der Amtsinhaberin.
Jungherr ist nicht nur Opfer dieses Systems. Sie ist auch Teil davon.
Zum Thema
Mehr zum Thema lesen Sie in der Ausgabe der
Rhein-Main-Zeitung der F.A.Z. vom Montag, 11. Mai
2009.
Text: F.A.Z.
Bildmaterial: ©Helmut Fricke